Die Weihnachtsnovene, die wir am 15. Dezember im Heiligtum der Berufung beginnen, soll anregen, die Vorbereitung auf das große, unmittelbar bevorstehende Fest der Geburt des Erlösers ganz intensiv und tiefgehend zu erleben.
Im Alten Testament hatten die Propheten das Kommen des Messias angekündigt und das aufmerksame Warten des auserwählten Volkes wachgehalten. Mit den gleichen Empfindungen sind auch wir eingeladen, diese Zeit zu erleben, um die Freude der nahen Weihnachtsfesttage voll auskosten zu können.
Unser Warten wird zur Stimme der Hoffnung der ganzen Menschheit und kommt in einer Reihe eindrucksvoller Anrufungen zum Ausdruck. Es sind die sogenannten »O«-Antiphonen, in denen sich die Kirche an den Herrn, der kommt, wendet; sie bringen sehr treffend die Sehnsucht der Völker nach Frieden und Heil zum Ausdruck, eine Sehnsucht, die nur im menschgewordenen Gott ihre volle und endgültige Befriedigung findet: »O Weisheit, hervorgegangen aus dem Mund des Höchsten«, »O Führer des Hauses Israel«, »O Wurzel Jesse«, »O Schlüssel Davids«, »O Morgenstern«, »O Sonne der Gerechtigkeit«, »O König aller Völker, Immanuel, Gott-mit-uns.«
In jeder dieser begeisterten Anrufungen voller biblischer Hinweise spürt man den leidenschaftlichen Wunsch der Gläubigen, ihre Sehnsucht nach Frieden erfüllt zu sehen. Deshalb erflehen sie das Geschenk der Geburt des verheißenen Erlösers. Gleichzeitig jedoch ist ihnen deutlich bewusst, dass dies die konkrete Verpflichtung beinhaltet, ihm nicht nur in ihrer Seele, sondern auch in ihrem Lebensumfeld eine würdige Wohnung zu bereiten. Mit einem Wort gesagt: Das Kommen desjenigen, der der Welt den Frieden bringt, zu erbitten bedeutet, in fügsamer Gesinnung offen zu werden für die befreiende Wahrheit und die erneuernde Kraft des Evangeliums.
Angesichts der Spannungen und Gewalttaten, die leider auch in diesen Tagen verschiedene Teile der Welt heimsuchen, darunter auch das Heilige Land, das einzigartiges Zeugnis gibt vom Geheimnis der Geburt Jesu, müssen wir Christen die Friedensbotschaft, die aus der Grotte von Betlehem kommt, noch stärker erklingen lassen.
Wir müssen uns zu Christus, unserem Frieden, bekehren in der Gewissheit, dass seine entwaffnende Liebe in der Krippe jede düstere Bedrohung und jedes Gewaltvorhaben überwindet. Man muss weiterhin das Jesuskind, für uns von der Jungfrau Maria geboren, vertrauensvoll bitten, die Wunder wirkende Kraft seines Friedens möge den Hass und die Rache vertreiben, die sich im Menschenherzen verbergen. Wir müssen zu Gott beten, dass das Böse vom Guten und von der Liebe besiegt werde.
Nur so wird Weihnachten ein Fest der Freude und der Begegnung mit dem friedenstiftenden Erlöser sein.
Ist dies etwa nicht der Wunsch, den wir beim bevorstehenden Weihnachtsfest austauschen möchten? Dazu muss in dieser Woche unser Gebet noch intensiver und einstimmiger werden. »Christus est pax nostra – Christus ist unser Friede. « Sein Friede erneuere jeden Bereich unseres täglichen Lebens. Er erfülle die Herzen, damit sie sich dem Wirken seiner verwandelnden Gnade öffnen; er durchdringe die Familien, damit sie vor der Krippe oder um den Weihnachtsbaum versammelt ihre treue Gemeinschaft festigen; er herrsche in den Städten, in den Nationen und in der internationalen Gemeinschaft und gelange in alle Winkel der Welt.
Johannes Paul II. (Teile entnommen aus der Ansprache – Generalaudienz 19.12.2001)